6. Tour-de-Bier 2009 – Mainburg

Ein Bericht unseres Chronisten Brunnenbräu:

Vor fünf Jahren hatte die erste Tour-de-Bier stattgefunden, mit einem kleinen Häufchen Bierbegeisterter, und über die Jahre hinweg wurden es mehr und mehr Teilnehmer.

Im Jahr 2009, als das Städtchen Mainburg im Mittelpunkt unserer Aktivitäten stand, waren es schon an die 50 alte und neue Gesichter, die sich am 8. Mai um 14:45 Uhr im Gasthof Seidlbräu für ein Bierwochenende in Mainburg und Umgebung trafen.

Herr Willi Mitter von der Firma Steiner-Hopfen begrüßte uns in Mainburg und nahm uns zunächst mit auf eine etwa anderthalbstündige Wanderung durch Wiesen, Hopfengärten und Wälder. Bei herrlichem Sonnenschein erzählte er uns über die Geschichte des Hopfens in der Region, über die wechsel- und zum Teil auch leidvolle Geschichte der Familie Steiner, die aufgrund ihrer jüdischen Abstammung in der Zeit des III. Reichs in die Vereinigten Staaten übersiedelte und dort die Firma Hopsteiner gründete, und auch über den Pfarrer Augustin Wagner, der kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs eine weiße Fahne vorbereitet hatte, um die Kirche vor einem Angriff der Amerikaner zu schützen. Zur Strafe wurde er im Wald von den SS-Schergen ermordet. Zu seinem Gedenken wurde eine Kapelle errichtet, die wir besuchten und in deren Gästebuch wir uns auch eintrugen.

Gegen 16:45 Uhr erreichten wir der Hof der Familie Bogenrieder, einem der Hopfenbauern, die für die Firma Steiner Hopfen anbauen und liefern. Herr Bogenrieder baute mit uns geschwind einige Biertische und –bänke inmitten des Hopfengartens auf. Im Nu war ein Lagerfeuer entfacht, und bei zwei Fässern Ziegler-Bräu konnten wir Steckerlwürste am Lagerfeuer grillen und uns an frischem Bauernbrot erfreuen. Die Zeit verflog nur so, und erst ein herannahendes Gewitter konnte uns aus dem Hopfengarten vertreiben.

Für den eigentlich geplanten Besuch der Ziegler-Brauerei war es nun schon zu spät geworden, und so besichtigten wir stattdessen die Kirche in Ebrantshausen, bevor uns Herr Bogenrieder zurück nach Mainburg fuhr.

Bei Brotzeit und – leider nur kommerziellem – Bier aus Münchner Großbrauereien klang dann der erste Tag im Schankraum des Seidlbräu aus. Erinnerungen und Fotos der letzten Touren wurden ausgetauscht und auch das eine oder andere Hausbräu fand seinen Weg in die durstigen Kehlen der Bierliebhaber.

Der Sonnabend früh begann ruhig. Erst gegen 09:45 Uhr stand der Bus vor dem Seidlbräu und brachte uns zunächst zur Firma Steiner-Hopfen.

Herr Mitter, der uns gestern schon begleitet hatte, und Herr Joachim Gehde stellten uns die Firmenstruktur und die Produktpalette in Form einer kurzen Präsentation vor – für eine ausführliche Besichtigung des Betriebes selbst sah unser Programm aber leider keine Zeit vor. Wir nahmen also nur eine Nase voll Hopfenaroma mit, als wir wieder in den Bus stiegen und zur Lampl-Bräu in Larsbach fuhren.

Die Lampl-Brauerei ist erst vor etwa zehn Jahren entstanden und konzentriert sich abgesehen von saisonalen Bieren im Wesentlichen auf drei Sorten – ein Weißbier, ein mildes Hopfenzupferbier und auf ein richtig knackig gehopftes Pilsener. Die Sudanlage, so erläuterte uns der Eigentümer, Herr Gerhard Stanglmayr, sei im Wesentlichen von ihm selber geplant und mit viel Eigenarbeit auch in weiten Teilen selbst gebaut worden. Das Ergebnis kann sich sehen lassen – die kleine, aber schmucke Anlage war picobello, und auch in den Nebenräumen – dort, wo sonst oft weniger Ehrgeiz auf Ordnung und Originalität gelegt wird – war alles ordentlich und ansprechend hergerichtet. Insbesondere die Treppengeländer wirkten originell, waren sie doch aus Platten eines Plattenkühlers geschweißt.

Nach dem Rundgang nutzten wir noch die Gelegenheit, die Biere vor Ort zu verkosten und entdeckten dabei im Garten des Herrn Stanglmayr einen Grill, des aus einem alten 150 l Bierfass geschweißt war – die Hobbybrauer und Wochenendgriller sammelten sich in Scharen dort und waren begeistert …

Inzwischen war es bereits später Vormittag, und als nächste Station wartete das Mekka der Bierbrauer auf uns: Die Staatsbrauerei Weihenstephan und die Fakultät für Brauwesen! Der Bus brachte uns bis fast vor den Eingang des Bräustüberls, und wir ließen uns zunächst ein ordentliches Mittagessen schmecken. Das Essen war prima, die Bierkarte sehr umfangreich, und so konnten wir hier einige leckere Biere vom Fass verkosten. Und zusätzlich aus der Flasche einen hervorragenden Weizenbock, den Vitus.

Wir hatten das Glück, dass wir von einer aufmerksamen und blitzschnellen jungen Dame bedient wurden (Herzlichen Dank, Barbara!), denn in anderen Bereichen herrschte offensichtlich ein recht unorganisiertes Treiben. Die Terrasse, obwohl noch lange nicht voll besetzt, wurde mit der Begründung, es wäre überfüllt, geschlossen, und eine Kellnerin erdreistete sich sogar, einen Reisebus aus Slowenien wieder fortzuschicken – es gäbe keine Plätze mehr.

In Wirklichkeit war das Bräustüberl bei weitem nicht ausgereizt – wohl aber die Organisation der Bedienung. Ein heilloses Durcheinander herrschte, und wenn zum wiederholten Mal von unterschiedlichen Kellnern am gleichen Tisch gefragt wird, ob man schon bestellt habe, zeugt das von zwar motivierten Kellnern, aber wirklich schlechtem Management.

Nun, wir hatten ja, wie gesagt, mit Fräulein Barbara Glück gehabt und wandten uns nach dem Essen der Fakultät für Brauwesen zu.

Für zweieinhalb Stunden öffneten sich unter der Leitung von Herrn Josef Englmann die Türen ins Allerheiligste. Wir konnten alle Labors, Hörsäle, Lagerräume und Besprechungsräume besichtigten, und zu jedem Raum, zu jedem Gerät, zu jeder Ausstattung konnte Herr Englmann Geschichte und Geschichten erzählen. Vielen von uns war bisher wohl gar nicht bewusst gewesen, wie viel Wissenschaft hinter unserem Lieblingsgetränk stehen kann, wie viel Forschung betrieben wird, um die Effizienz der Bierproduktion zu steigern, wie viel wissenschaftliche Detektivarbeit nötig ist, um den Ursachen für einen Geschmacksfehler auf die Spur zu kommen, und wie viel Ehrgeiz und Geduld investiert wird, um die Gründe für ganz banale Probleme herauszufinden.

Ein Beispiel, dass sich durch fast alle Erzählungen zog, war das sogenannte „Gushing“, also das unkontrollierte Überschäumen des Bieres kurz nach dem Öffnen der Flasche. Vom Verbot der Quecksilberbeize auf den Weizenfeldern über bestimmte Pilzsorten und deren Wachstum im Getreidekorn bis hin zu physikalisch-chemischen Abläufen gibt es immer noch zahlreiche Faktoren, die weiter zu erforschen sind – und der exakte biochemische Mechanismus, wie es zum „Gushing“ kommt, ist immer noch nicht klar.

Als wir gegen 17:00 Uhr wieder zum Bus mussten, hatten wir nur einmal hinein geschnuppert in die Welt der Bier-Wissenschaft, aber die Begeisterung von Josef Englmann hatte uns schon angesteckt. Ein eindrucksvolles Erlebnis.

Nach so viel Theorie stand nun aber wieder die sensorische Praxis auf dem Plan, das heißt, wir fuhren zur Ziegler-Brauerei in Mainburg und machten es uns dort auf der Terrasse bei Weißbier, Hellem und Kellerbier gemütlich. Ein eigens für uns engagierter Musiker spielte auf, und diejenigen, die von der Theorie immer noch nicht genug hatten, machten mit Wolfgang Randeltshofer eine Brauereibesichtigung.

Durch Anbauten an den Altbau, Erweiterungen und Umbauten ist die Brauerei zu einem wahren Labyrinth geworden. Zahlreiche Räume, Keller, Türen, Stiegen und Treppen ließen uns Besucher rasch die Orientierung verlieren. Hinter jeder Öffnung eine neue Überraschung. Hier noch ein paar Gärtanks, hier ein Plattenfilter, hier ein paar Lagertanks. Ach ja, dort das Limonadenlager, aber da auch noch die Flaschenabfüllung. Und um die Ecke auch noch mal ein Gärtank, diesmal für das Obergärige. Außer dem Brauer selber kennt hier wohl niemand mehr alle Ecken …

Aber es war ein schönes Erlebnis, geprägt von der Begeisterung Wolfgang Randeltshofers für seinen Betrieb.

Zurück auf der Terrasse wurde nun wieder dem Gerstensaft zugesprochen, und bei guter Laune, lustigen Sprüchen und recht schrägem Gesang verflog der Abend, bis ein Gewitter uns in die überdachten Bereiche des Biergartens trieb.

Sonntag, der 10. Mai, und das Ende der Tour-de-Bier nahte schon wieder. Die ersten mussten sich nach dem Frühstück schon verabschieden, aber ein Teil der Gruppe konnte den Vormittag noch für einen Stadtbummel durch das nette Zentrum Mainburgs nutzen. Insbesondere der Mainburger Eisenmarkt, der heute bei strahlendem Sonnenschein stattfand, bot noch die Möglichkeit für Kurzweil und – falls für den einen oder anderen in den Tagen vorher immer noch nicht ausreichend… – für kulinarische Erlebnisse unterschiedlichster Art.

Und selbstverständlich kam die Bierkunde selbst am letzten Tag nicht zu kurz, beherbergt doch die ehemalige Mainburger Knabenschule inzwischen das „Hopfen- und Heimatmuseum“ der Stadt Mainburg – ein interessanter Programmpunkt des Sonntagvormittages.

Mit einer kurzen erneuten Einkehr beim Zieglerbräu, während der die Organisatoren die Gelegenheit nutzten, Wolfgang Randeltshofer für seine Unterstützung zu danken, ging dann die diesjährige Tour-de-Bier endgültig zu Ende – definitiv aber in dem Bewusstsein, dass es auch im nächsten Jahr eine Neuauflage geben wird.

 

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